Die Rolle der ezidischen Frau

Frau und Mann werden in religiösen Texten ...

… des Ezidentums als gleichberechtigt dargestellt. Somit gelten dieselben Gebote und Verbote für beide Geschlechter gleichermaßen.

Im Rahmen der Zwangsislamisierung ab dem 11. Jh. hat sich die Sicherheit und damit die Freiheit der Religionsausübung sowie die Freiheit der Eziden insgesamt geändert; die Religionsausübung war nicht mehr gefahrlos möglich. Die Eziden wurden und werden aufgrund ihrer Religion verfolgt. Ezidische Männer wurden vielfach umgebracht, ezidische Frauen verschleppt und mit muslimischen Ehemännern zwangsverheiratet. Dies hatte zur Folge, dass sich die Eziden zu ihrem eigenen Schutz in die Dörfer zurückzogen und isoliert lebten. Diese Isolierung führte letztlich dazu, dass ins- besondere ezidische Frauen am gesellschaftlichen Leben außerhalb des Dorfes ausgeschlossen waren; aus Angst vor Entführungen durch Muslime blieben sie zu Hause. Der Besuch einer Schule, die sogar ezidischen Jungen zumeist versperrt blieb, war in Bezug auf die ezidischen Mädchen kaum vorstellbar und nur in den seltenen Fällen möglich. Aufgrund patriarchalischer Strukturen konnte auch sonst nicht von einer Gleichberechtigung im sozialen Sinne gesprochen werden.

Die Rolle der ezidischen Frau in der Diaspora ist
einem kategorischen Wandel unterworfen. Insbesondere
ezidische Frauen der dritten und vierten Generation – geprägt 
durch die individualistische Kultur der westeuropäischen Mehrheitsgesellschaft und mit den Möglichkeiten zur Erlangung höherer
 Bildung ausgestattet – lehnen die traditionellen Geschlechterrollen 
immer stärker ab. Zudem zeigt sich auch hier, welch großen Einfluss die
 Dauer des Lebens in der Diaspora auf den Grad der Integration hat: Dieje
nigen Eziden, die bereits in den 1970er Jahren als Gastarbeiter nach Deutsch
land kamen, nähern sich dem Modell der Gleichberechtigung zwischen Mann
 und Frau nach westlichem Verständnis immer mehr an, während etwa Eziden,
 die erst kürzlich aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen im Irak und in Syrien nach Deutschland geflohen sind, noch sehr deutlich patriarchalisch und kollektivistisch orientiert sind.